ÖPNV-Schrumpfkur in Ostdeutschland – Wenn Wirtschaftlichkeit über Gemeinwohl siegt
In der ostdeutschen Kulturlandschaft braut sich ein Sturm zusammen, doch statt frischer Winde der Erneuerung sind es laue Züge der Resignation, die hier durch die Region zu ziehen drohen. Die Deutsche Bahn, einst Sinnbild für Mobilität und Fortschritt, steht nun im Angesicht einer Entscheidung, die dem öffentlichen Personennahverkehr gerade in den neuen Bundesländern den Todesstoß versetzen könnte. Laut Medienberichten plant die Deutsche Bahn, die ohnehin spärliche Verbindung zwischen ostdeutschen Städten weiter auszudünnen. Fernzüge sollen gestrichen, die unerreichbaren Strecken weiter in die Distanz gerückt werden. Das Unfassbare daran: Diese Entscheidung folgt einer Linie, die seit Jahren den Osten schleichend seiner Lebensadern beraubt.
Es ist ein fatales Signal, das die DB in Zeiten aussendet, in denen die Politik eigentlich auf mehr Nachhaltigkeit und eine Stärkung des ÖPNV setzt. Stattdessen wird das Mobilitätsgefälle zwischen Ost und West weiter verstärkt. In einer Gegend, die ökonomisch ohnehin nicht zu den stärksten zählt, wird der Zugang zu überregionalen Verkehrsnetzen, der für die wirtschaftliche Entwicklung immens wichtig wäre, gekappt.
Man mag meinen, der wirtschaftliche Aspekt wäre Grund genug für ein Umdenken, doch es geht um mehr: um soziale Gerechtigkeit und Daseinsvorsorge. Ein engmaschig geknüpftes Bahnnetz ist kein Luxus, sondern ein Grundpfeiler einer modernen Gesellschaft. Menschen ohne Auto, die älteren Bürger oder junge Menschen sind auf den ÖPNV angewiesen. Der Staat hat die Verpflichtung, auch abseits der Profitinteressen öffentliche Dienste aufrechtzuerhalten.
Es ist geradezu absurd, dass in einem Land, das den Kampf gegen den Klimawandel auf seine Fahnen schreibt, eine Infrastruktur zurückgebaut wird, die einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von CO₂-Emissionen leisten könnte. Wie soll man überzeugend auf die Notwendigkeit hinweisen, das eigene Auto stehenzulassen, wenn die alternativen Angebote gestrichen werden?
Die Argumentation, mangelnde Auslastung und steigende Kosten würden keine andere Wahl lassen, wirkt dünn, fast hilflos. In der Tat stehen private wie staatliche Unternehmen vor großen finanziellen Herausforderungen, doch davon darf die öffentliche Daseinsvorsorge nicht abhängig gemacht werden. Eine Gesellschaft darf nicht allein nach betriebswirtschaftlichen Kennziffern gesteuert werden.
Die Grünen spüren den Puls der Zeit und stellen sich energisch gegen die Kürzungspläne der Bahn. Ihr Widerstand ist nicht nur nachvollziehbar, sondern notwendig. Die Bundesregierung hat nicht zuletzt durch das Versprechen von besserer Vernetzung und einem Ausbau des Streckennetzes die Verantwortlichkeit übernommen. Es ist an der Zeit, dass diese Versprechen eingelöst werden.
In einer Demokratie, in der die gleichberechtigte Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen ein wesentliches Merkmal ist, dürfen abgelegene Regionen nicht abgehängt werden. Es ist ein unverantwortlicher Akt gegenüber der Gesellschaft, der Wirtschaft und nicht zuletzt der Demokratie, wenn die DB meint, unter dem Vorwand wirtschaftlicher Erwägungen, Teile der Bevölkerung von der grundlegenden Infrastruktur abschneiden zu können.
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