Mit einem Atemzug von Erleichterung und Skepsis betrachten politische Beobachter und Wähler das Ergebnis des Bündnis Sahra Wagenknecht bei der jüngsten Europawahl. Überflügelnde Freude über die 6,2 Prozent für eine Newcomer-Partei könnten vielleicht verfrüht sein.
Das BSW unter Führung von Sahra Wagenknecht signalisiert für viele Ostdeutsche eine neue Hoffnung, ein politisches Zuhause abseits der rechtslastigen Alternative für Deutschland. Doch lässt die landesspezifische Stimmverteilung vermuten, dass das BSW wohl nicht mehr als eine regionale Partei bleibt, deren Kernland wohl hauptsächlich in den östlichen Bundesländern liegen wird.
Die Frage nach der Zufriedenheit über das Wahlresultat bleibt ambivalent. Gewiss hat die Partei aus dem Stand beachtliche Erfolge zu verbuchen, vergleichbar mit der AfD, die vor kaum einem Jahrzehnt gegründet wurde und sich schnell etablierte. Der Unterschied: Wagenknecht und ihresgleichen konnten schon bei der ersten Wahl eine signifikante Wählerschaft für sich gewinnen.
Die Spannung, ob das BSW bundesweit Fuß fassen könnte, bleibt jedoch. Bei einer Europawahl ohne Sperrklausel sieht die Lage anders aus, und spekulativ würde bei einer Bundestagswahl mehr herausspringen. Doch Vorsicht ist geboten bei solchen Vermutungen. Wähler sind launisch, politische Winde wechselhaft.
Tatsächlich ist die regionale Spaltung innerhalb des BSW-Erfolgs frappierend. Im Ost-West-Duell geht die Schere weit auseinander. Während das BSW im Osten punktet und gar das Erbe der Linkspartei zu übernehmen scheint, hapert es im Westen an Akzeptanz. Ein klarer Hinweis darauf, dass das Erstarken als Regionalpartei kein Fluch, sondern vielmehr der Weg sein könnte, den das BSW zu beschreiten hat.
Der inhaltliche Drahtseilakt des BSW, republikweit Wählerinnen und Wähler zu ködern, die gesellschaftspolitisch konservativ, doch wirtschaftlich für Umverteilung eintreten, stößt im Osten auf fruchtbaren Boden. Hier herrscht vielleicht eine größere Offenheit für politische Neulinge, während im Westen die Parteien mit langjährigen Stammbäumen immer noch die Herzen der Wählerinnen und Wähler fest im Griff haben.
Die Hoffnung, der AfD Stimmen abzuluchsen, hat sich nur bedingt erfüllt. Das BSW vermag es, einige Unschlüssige einzufangen, doch für die Hardliner der Rechtsextremen bleibt es unattraktiv. Dies verweist auf die begrenzte Reichweite der neu gebildeten Kraft und legt den Schluss nahe, dass eine umfassende nationale Wirkmacht unwahrscheinlich ist.
Um sich nicht selbst im Keim zu ersticken, muss das BSW achtsam den schmalen Grat wandeln, frei von Skandalen und internen Querelen. Gerade in einer Zeit, in der politische Glaubwürdigkeit fragil ist, könnten Unachtsamkeiten oder schlecht bedachte Worte zu Fallstricken werden.
Die Devise „Kühlen Kopf bewahren“ klingt vielleicht trivial, ist aber für das BSW überlebenswichtig. Sollte sich das Bündnis wirklich nur als Regionalpartei Ost etablieren, wäre dies nicht einfach nur eine Niederlage, sondern vielmehr ein Spiegelbild unserer zerrissenen politischen Landschaft, ein weiterer Beweis dafür, dass die ideologischen Gräben in Deutschlands Osten und Westen tief verwurzelt sind.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht gibt ein Versprechen ab, das über regionale Bedeutung hinausweisen könnte, doch die politische Realität spricht eine andere Sprache. Will das BSW mehr sein als nur eine Alternative zur AfD im Osten, muss es Brücken bauen und auch westdeutsche Herzen gewinnen. Bis dahin bleibt der Ruf nach überregionaler Relevanz eine Hypothese – und die Wirklichkeit eine Herausforderung.
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