Eine vertane Chance für die Einheit?
Die Fußball-Europameisterschaft, ein Fest des Sports, soll Freude und Euphorie in die Herzen der Fans bringen. Doch die aktuelle Situation rund um die Verteilung der EM-Stadien in Deutschland hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack, insbesondere in den östlichen Bundesländern. Leipzig mag sich als strahlender Fußball-Leuchtturm in Ostdeutschland präsentieren und die Ankunft der EM als wirtschaftlichen und imagetechnischen Segen feiern, doch die Situation spitzt eine tiefere Problematik zu: die Fortführung der Kluft zwischen Ost und West.
In Leipzig wurden beispielsweise 15 Millionen Euro in die Austragung und Infrastruktur der Spiele investiert, mit der Hoffnung auf eine potenzielle lokale Einnahme von etwa 60 Millionen Euro. Während dies auf den ersten Blick als lohnende Investition erscheint, dürfen wir nicht übersehen, dass dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, wenn es um die strukturellen Probleme in Ostdeutschland geht.
Die Entscheidung, Leipzig als den alleinigen ostdeutschen Austragungsort zu küren, erscheint als eine verpasste Chance, die Vorteile dieser Großveranstaltung in einer gerechteren Art und Weise auf die neuen Bundesländer zu verteilen. Nicht nur Leipzig, sondern auch andere Städte hätten von der Sichtbarkeit und wirtschaftlichen Belebung durch die EM profitieren können. Stattdessen setzt sich ein Muster fort, das wir schon zu lange in Deutschland beobachten: eine Zweiteilung, in der der Westen bevorzugt wird.
Die Diskrepanz zeigt sich auch in der Tatsache, dass von den 24 teilnehmenden Mannschaften nur zwei in Ostdeutschland ihre Quartiere aufschlagen. Während für die alten Bundesländer die EM zahlreiche wirtschaftliche und soziale Chancen bereithält, bleibt der Osten größtenteils außen vor.
„Weder die EM-Spiele in Leipzig, noch die Euro in Deutschland lösen die strukturellen Probleme, die wir in Ostdeutschland haben.“
Hermann Winkler, zdf.de
Noch beklagenswerter ist die Entscheidung der Bundesregierung, ausgerechnet im Jahr der Heim-EM die Sportstättenprogramme zu kürzen, was insbesondere den Osten hart trifft, wo ohnehin ein Mangel an Fußballplätzen herrscht. Dies ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht für die sportbegeisterte Bevölkerung, sondern auch ein deutliches Signal, dass die infrastrukturelle Entwicklung in Ostdeutschland weiterhin stagniert.
Es ist höchste Zeit, dass die Verantwortlichen erkennen, dass Sport ein mächtiges Werkzeug zur Vereinigung und Gleichstellung innerhalb eines Landes sein kann. Die Fußball-EM im eigenen Land hätte ein Fest der Einheit werden können, eine Demonstration dessen, dass 30 Jahre nach der Wiedervereinigung tatsächlich alle Deutschen auf dem gleichen Spielfeld stehen. Doch diese Chance wurde leichtfertig vergeben. Anstatt zu verbinden, betont die EM erneut die Kluft zwischen Ost und West – ein Zustand, der in der heutigen Zeit längst hätte überwunden sein sollen.
Schreibe einen Kommentar