Die Kraft des Wandels

Vom Wiederaufbau zum Zukunftsgestalten

Einst stand unser Land fest im Angesicht von Schwierigkeiten.

Die Generation unserer Großeltern überwand die Schrecken eines von Menschenhand erschaffenen Infernos und errichtete aus den Trümmern einer zerstörten Landschaft ein neues Deutschland. Getragen von der Hoffnung auf Erfolg, griffen sie nach der Zukunft. Unsere Eltern überbrückten die Zeiten des Umbruchs nach der Wende. Angetrieben von der Freude über die frisch gewonnene Einheit, den Sturz der Diktatur, neu erworbene Freiheiten und die Aussicht auf eine Welt voll grenzenloser Möglichkeiten. Sie litten unter den Schmerzen zerbrochener Lebenswege, entfernten das Grau staatlicher Bevormundung und schufen erneut ein Zuhause an Orten, die bereits frühere Generationen geprägt hatten. Sie nahmen uns mit auf diese Reise. Trotz aller Enttäuschungen, die der Wandel mit sich brachte, waren sie dennoch stolz auf das Erreichte – und das zu Recht. Oftmals wurde eher untertrieben als übertrieben. Noch immer fühlen wir uns ein wenig unbehaglich im Umgang mit den Freiheiten, die uns die Wiedervereinigung brachte – Mut und kontroverse Diskussionen inklusive. Aber wir lernen, auch wenn es langsam geht, weil nicht alle Versprechungen gehalten wurden und manchmal Unerwartetes eintrat.

Es erforderte Entschlossenheit, aber es hat sich ausgezahlt. Trotz aller Aufgaben, die noch vor uns stehen, haben wir Beachtliches erreicht, denn wir stellten uns den Herausforderungen.

Doch was ist aus diesem Land geworden?

Scheinbar unentwegt murrend, immer alles besser wissend und in die Vergangenheit blickend, hoffen wir vielleicht, dass die Herausforderungen der Zukunft von selbst verschwinden, wenn wir sie nur lange genug ankläffen. Unversöhnlich harren wir auf unseren zahlreichen Dogmen-Inseln aus, misstrauisch auf jene blickend, die eine geringfügig andere Wahrheit vertreten. Wir stehen still, aufgebracht, zornig, wir halten Position, schreiten selten voran und ignorieren Fakten, wenn sie unserer kleinen, persönlichen Wahrheit widersprechen.

Ist das die Art und Weise, wie wir unsere Zukunft gestalten wollen?

Wir blenden Themen wie den Klimawandel, Migration, Energiewenden, Kriege, Völkermorde und weltweiten Hunger aus, weil sie uns aus unserer Komfortzone zwingen? Oder sind wir insgeheim erleichtert, dass es uns nicht betrifft? Wir verteidigen unsere Privilegien, die so umfangreich sind, dass sie sämtliche Ansprüche der früheren Generationen auf deutschem Boden in sich vereinen, wie ein Wassertropfen, der im Ozean verschwindet. Wir wollen keine Bomben auf unserem Territorium, das muss doch nachvollziehbar sein, oder? Möge doch jede Region ihre eigenen Konflikte lösen. Das ist tragisch, aber eben die Realität. Wer anders denkt, wird zum Kriegstreiber erklärt. Die Liste der Vorwände ist lang und austauschbar: Windkraftanlagen, Bomben, Geflüchtete – alles wird zum Objekt des Protests. Veränderung war nie beliebt, doch nun scheint sie der größte Feind zu sein. Und wer gegen diesen Protest ist, wird zum Mainstream abgestempelt, zum Lügenjournalisten, zum Politiker oder schlimmer noch: zum lauten Kritiker, der Fragen stellt, wie ich es hier tue.

Wo ist der Mut geblieben, sich den Aufgaben der Zeit zu widmen? Tatkräftig und entschlossen anzupacken? Wo sind die Menschen, die ihre Ärmel hochkrempeln und zum Handeln auffordern? Wo ist die Politik, die klare Ziele setzt, Perspektiven aufzeigt und Menschen dazu befähigt, nach vorn zu blicken und an Lösungen zu arbeiten, die momentan vielleicht nur wie entfernte, aber vielversprechende Ideen erscheinen? Wir könnten so viel erreichen – doch stattdessen beklagen wir uns. In sozialen Netzwerken, geschützt durch anonyme Profile, lautstark auf öffentlichen Plätzen, wo sich wenige als Mehrheit fühlen, und behaupten, sie dürften ihre Meinung nicht äußern.

Diskutiert meinetwegen über die Effizienz von Wärmepumpen, aber bedenkt auch, wie schnell sich die Technologie weiterentwickelt und dass wir nicht nur die Aufgabe, sondern auch die Chance und die Pflicht haben, uns weiterzuentwickeln. Bedauert den Verlust von Atomkraftwerken, aber erinnert euch an diese Begeisterung, wenn unsere Region für ein atomares Endlager in Betracht gezogen wird. Und überlegt, wie wir diese Last den kommenden 30.000 Generationen erklären, die auf unserem radioaktiven Müll sitzen werden. Träumt von einem großen Zaun, der Europa abschottet, und wählt diejenigen, die das Undenkbare verteidigen – ein Bollwerk gegen unermessliche Verzweiflung zu sein. Anstatt darüber nachzudenken, wie wir Migration sinnvoll gestalten und den Nutzen daraus ziehen können, den wir ziehen müssen, wenn wir in einem Jahrzehnt noch entwicklungsfähig sein wollen. Und überdenkt Wege, wie wir Menschen ermöglichen können, ein Zuhause in ihrer eigenen Heimat zu finden. Das Abwerben der klügsten Köpfe gehört sicherlich nicht dazu, denn das erzeugt die Flüchtlingsströme von morgen. Vielleicht sollten wir zurückgeben, was wir genommen haben, als gerechten Ausgleich für billige Arbeit und Rohstoffe, die den Grundstein für unseren Wohlstand gelegt haben.

Unsere Welt benötigt keine Abschottung. Sie wird nicht durch Beschwerden geheilt. Unsere Probleme lösen sich nicht von selbst, nur weil wir herausfinden, dass irgendjemand anderes dafür verantwortlich ist, oder wir etwas glauben, obwohl wir es besser wissen. Wir müssen unsere Arbeit machen, jeder an seinem Platz, mit den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Zukunft wird im Hier und Jetzt geschaffen – aus Mut, Träumen, Entschlossenheit, Zusammenhalt und Werten.

Es ist an der Zeit, damit zu beginnen.

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