Die Zukunft der Landwirtschaft

Jenseits der bäuerlichen Idylle

Die landwirtschaftliche Gemeinschaft hat ihre Demonstration am Brandenburger Tor mit beeindruckenden Hochleistungs-Traktoren abgeschlossen, doch das bedeutet nicht das Ende der ländlichen Protestwelle. Die Herausforderungen der Landwirtschaft bleiben bestehen, was sicherlich zu weiteren Aufmärschen führen wird. Tiefgreifenden Veränderungen im Agrarsektor, bekannt als der Strukturwandel, stehen vor einer weiteren Intensivierung.

Branchenexperten wie die der DZ Bank haben die Triebkräfte hinter der Veränderung in der Landwirtschaft untersucht. Sie identifizieren Schlüsselelemente wie Digitalisierung, Nachfolge, strenge Umwelt- und Naturschutzvorschriften sowie scharfen Preiskonkurrenz als die entscheidenden Faktoren, die das künftige Bild der deutschen Agrarlandschaft prägen werden.

  1. Digitalisierung:
    • Hohe Investitionskosten: Die Umstellung auf digitale Technologien erfordert oft erhebliche finanzielle Investitionen, die nicht alle landwirtschaftlichen Betriebe stemmen können.
    • Fachwissen: Es besteht ein Bedarf an spezialisierten Kenntnissen, um moderne Technologien wie Sensoren, Drohnen und autonome Fahrzeuge zu bedienen und zu warten.
    • Datenmanagement und Datenschutz: Landwirte müssen große Datenmengen sammeln, analysieren und sicher verwalten können.
    • Zugang zu Technologie und Infrastruktur: In vielen ländlichen Regionen fehlt es an der erforderlichen Infrastruktur wie Breitbandinternet.
  2. Nachfolgeprobleme:
    • Generationenwechsel: Viele Landwirtschaftsbetriebe haben Schwierigkeiten, Nachfolger zu finden, die bereit sind, die intensive Arbeit und Verantwortung zu übernehmen.
    • Wirtschaftliche Attraktivität: Die Landwirtschaft wird oft als weniger attraktiv im Vergleich zu anderen Berufsfeldern gesehen, was junge Menschen abschrecken kann.
    • Erbschaftssteuer und Regelungen: Rechtliche und finanzielle Aspekte können den Übergang des Betriebs an die nächste Generation erschweren.
  3. Strenge Umwelt- und Naturschutzvorschriften:
    • Kosten und Auflagen: Umwelt- und Naturschutzauflagen können die Kosten für Landwirte erhöhen und erfordern oft zusätzliche Managementpraktiken.
    • Betriebliche Einschränkungen: Schutzmaßnahmen können die Nutzbarkeit von Ackerland einschränken und die Erträge verringern.
    • Unsicherheit und Bürokratie: Regulatorische Veränderungen und die Komplexität von Vorschriften können zu Unsicherheiten in der Betriebsführung führen.
  4. Scharfe Preiskonkurrenz:
    • Marktpreisschwankungen: Die Preise für landwirtschaftliche Produkte unterliegen oft starken Schwankungen, die durch globale Marktdynamiken beeinflusst werden.
    • Kostenstrukturen: Kleinere Betriebe haben im Vergleich zu größeren oft höhere Stückkosten, was sie im Preiskampf benachteiligt.
    • Internationale Konkurrenz: Die Konkurrenz durch billigere Importprodukte kann zu einem Preisdruck führen, dem lokale Produzenten nur schwer standhalten können.

Es wird prognostiziert, dass die Zahl der Betriebe im Agrarsektor von derzeit etwa 250.000 auf rund 100.000 im Jahr 2040 schrumpfen wird. Diese Abnahme in der Anzahl der Betriebe spiegelt sich auch auf europäischer Ebene und weltweit wider, wobei die Größe der verbleibenden Betriebe tendenziell zunimmt, um von Skaleneffekten profitieren zu können und die Rentabilität zu sichern.

Agrar goes Tech

Traditionelle Bauernhöfe werden sich zu technologiegestützten mittelständischen Agrarunternehmen transformieren. Wir können erwarten, dass die durchschnittliche Betriebsgröße auf dem Feld von 64,8 Hektar auf etwa 160 Hektar ansteigen wird. Investitionen in fortschrittliche landwirtschaftliche Technologien werden unerlässlich sein, um diese erweiterten Flächen zu bewirtschaften. Traktoren mit weit über 300 PS werden benötigt, um sogenannte „Economies of Scale“ zu erzielen – ein unverzichtbares Konzept, um in einem Markt ohne nennenswertes Wachstum zu überleben. Zusätzlich verschiebt sich das Risiko hin zu Schwankungen bei Weltmarktpreisen, die die Landwirte direkt beeinflussen. Künftige Agrarbetriebe werden mit digitalen Technologien arbeiten, Drohnen einsetzen und autonome Maschinen für effiziente Ackerarbeiten nutzen. Dies reduziert den Raum für die verklärte Vorstellung eines ländlichen Idylls.

  • Präzisionslandwirtschaft (Precision Farming): GPS-gesteuerte Geräte, Drohnen, Satellitenbilder und Sensoren können Daten zur Bodenqualität, Pflanzengesundheit und Wachstumsbedingungen liefern. Diese Informationen ermöglichen eine zielgerichtete Bewirtschaftung mit optimiertem Einsatz von Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln und Wasser.
  • Automatisierung und Robotik: Autonome Traktoren, Erntemaschinen sowie spezialisierte Roboter für Aussaat, Unkrautbekämpfung und Ernte können dabei helfen, die Effizienz zu steigern und den Arbeitsaufwand zu verringern.
  • Intelligente Bewässerungssysteme: Systeme, die den Wasserbedarf individuell nach Bodenfeuchtigkeit und Wetterbedingungen steuern, sparen Wasser und verbessern die Erträge.
  • Digitale Plattformen und Farm-Management-Systeme: Softwarelösungen, die eine Integration der gesammelten Daten und eine zentrale Steuerung der Betriebsabläufe ermöglichen, führen zu einer besseren Entscheidungsfindung und Betriebsführung.
  • Biotechnologie: Fortschritte in der biotechnologischen Forschung ermöglichen die Entwicklung von Pflanzensorten, die gegenüber Schädlingen und Krankheiten resistenter sind oder besser mit extremen Wetterbedingungen zurechtkommen.
  • Erneuerbare Energien: Photovoltaik, Windkraftanlagen und Biogasanlagen können landwirtschaftliche Betriebe energieautark machen und zugleich zur Energieerzeugung beitragen.
  • Umwelttechnologien: Technologien, die auf die Verringerung von Treibhausgasemissionen, den Schutz der Biodiversität und die Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit natürlichen Ressourcen abzielen, werden immer wichtiger.
  • Internet der Dinge (IoT): Vernetzte Sensoren und Geräte ermöglichen eine Echtzeitüberwachung und -steuerung landwirtschaftlicher Prozesse.
  • Datenanalyse und Künstliche Intelligenz (KI): Durch den Einsatz von KI können große Datenmengen analysiert werden, um Muster zu erkennen, Vorhersagen zu treffen und Prozesse zu optimieren.

Vor diesem Hintergrund wird die Aufgabe der Politik deutlich. Klassische familiengeführte Landwirtschaftsbetriebe können sich nur dann behaupten, wenn sie sich auf spezialisierte, nachhaltige Landwirtschaftsmethoden konzentrieren und qualitativ hochwertige Produkte herstellen, die langfristig hohe Marktpreise erzielen. Diese spezialisierten Betriebe eignen sich auch hervorragend zur Betreuung ökologisch wertvoller Gebiete, welche die Artenvielfalt fördern und wichtige Wasserreserven schützen. Daher sollten die erheblichen Subventionen im Agrarsektor strategisch in diese nachhaltigen landwirtschaftlichen Praktiken gelenkt werden.

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