Leerstände und DDR-Altschulden
Im Schatten des deutschen Immobilienbooms offenbart der ostdeutsche Wohnungsmarkt eine gänzlich andere Facette der Wohnraumproblematik: Ein Überangebot an leeren Wohnungen statt Wohnungsmangel, ein Phänomen, das durch den demografischen Wandel noch verschärft wird. In dieser Situation erscheint der politische Ruf nach immer mehr Wohnungsneubau zumindest für Ostdeutschland als realitätsfern. Die regionalen Besonderheiten erfordern eine differenzierte Betrachtungsweise und angepasste politische Maßnahmen, die über das pauschale Mantra des Neubaus weit hinausgehen.
Der Leerstand birgt nicht nur das Risiko des Verfalls wertvollen Wohnraums, sondern verstrickt auch Wohnungsunternehmen in einen Teufelskreis. Investitionen fließen zwangsläufig in den Neubau statt in die Instandhaltung und Modernisierung vorhandener Bausubstanz, was mittelfristig weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll ist. Die Förderpolitik sollte bedarfsgerecht angepasst werden und die Bestandssicherung sowie die Aufwertung des vorhandenen Wohnraums fördern.
Die Situation wird zusätzlich durch die Bürde der DDR-Altschulden erschwert. Noch immer sind ostdeutsche Wohnungsunternehmen mit den Altlasten der Vergangenheit konfrontiert, die Investitionsspielräume einengen und somit den notwendigen energetischen Sanierungen im Weg stehen. Dieser historische Ballast darf nicht unterschätzt werden und erfordert eine Klärung auf politischer Ebene, damit die Energiewende auch im Wohnungsbau erfolgreich gestaltet werden kann.
Zu den Herausforderungen kommen die steigenden Betriebskosten, die primär die Mieter belasten. Die Fernwärmepreise sind ein Indikator für ein zunehmend kostenintensiveres Wohnen, das gerade für Menschen mit niedrigeren Einkommen oder Renten existenziell problematisch wird. Eine stärkere Regulierung der Fernwärmepreise und eine Überprüfung der Kostenüberwälzung auf die Mieter könnten hier Abhilfe schaffen.
Hinzu kommt die Gefahr, dass die Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 das Wohnen weiter verteuern. Die politisch festgelegte Priorisierung der Energieeffizienz bei Gebäuden gegenüber der Dekarbonisierung der Energieerzeugung steht in der Kritik, ineffizient und kostenintensiv zu sein. Hier bedarf es einer nachhaltigen Strategie, die wirtschaftlich tragfähig ist und nicht zu untragbaren Mehrkosten für die ohnehin finanziell angespannten ostdeutschen Haushalte führt.
Es ist an der Zeit, dass die Bundesregierung den spezifischen Gegebenheiten des ostdeutschen Wohnungsmarkts Rechnung trägt und in einem Dialog mit den Akteuren vor Ort tragfähige Lösungen ausarbeitet. Ein blanket approach, der nationale Richtlinien ohne Berücksichtigung regionaler Unterschiedlichkeiten durchsetzt, ist nicht nur ineffektiv, sondern auch ungerecht.
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