Die unvollendete Einheit
Mit vereinten Anstrengungen ist es gelungen, eine bemerkenswerte Transformation der sozialen und gesellschaftlichen Entwicklung Ostdeutschlands zu bewerkstelligen. Doch der Weg zu wahrhaft gleichwertigen Lebensverhältnissen und Chancen ist noch weit. Zwar hat die Anhebung des Mindestlohns vielen Betroffenen eine spürbare Verbesserung gebracht, doch das allein kann die hartnäckige Einkommenskluft nicht schließen. Hier wird deutlich, dass aufholende Sozial- und Wirtschaftspolitik keine einmalige Angelegenheit ist, sondern einer kontinuierlichen, nachhaltigen Anstrengung bedarf.
Die jüngste Erhöhung der Renten zeigt einmal mehr, dass der Staat prinzipiell in der Lage ist, die Schere zwischen Ost und West zu schließen. Gleichwohl darf diese Maßnahme nicht darüber hinwegtäuschen, dass Rentenniveau und -sicherheit auch zukünftig Schlüsselthemen auf dem Weg zur Gleichheit bleiben müssen. Die volle Rentenangleichung ist ein notwendiger Schritt, der den Bürgerinnen und Bürgern Ostdeutschlands signalisiert, dass ihre Lebensleistung genauso anerkannt wird, wie die im Westen erbrachten.
Die Herausforderungen der Energiekrise und die schnelle Reaktion der Bundesregierung darauf sind exemplarisch für die Notwendigkeit, aktuelle Problemlagen nicht aus den Augen zu verlieren. Entlastungen sind essenziell, zeigen aber auch, dass reaktive Politik allein nicht genügt. Um den sozialen Frieden und den wirtschaftlichen Fortschritt zu sichern, braucht es präventive Ansätze und langfristige Konzepte.
Die demografische Entwicklung stellt insbesondere den Osten des Landes vor Probleme, die ohne eine aktive und innovative Fachkräftepolitik nicht in den Griff zu bekommen sind. Carsten Schneider, der Ostbeauftragte der Bundesregierung, ist sich dieser Herausforderung bewusst und betont die Wichtigkeit, sowohl inländische als auch ausländische Potenziale zu nutzen. Aber wie kann diese Nutzung aussehen? Die Beantwortung dieser Frage erfordert Kreativität und Weitsicht.
Um den Bedarf, der in der Sozial- und Gesellschaftspolitik herrscht, zu decken, müssen wir über die bisherigen Maßnahmen hinausgehen. Wir benötigen eine gestärkte Sozialpartnerschaft, die nicht nur gesetzliche Mindeststandards vorgibt, sondern auch aktiv für faire Löhne, gute Arbeitsbedingungen und Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg wirbt. Ostdeutschland als Vorreiter sozial gerechter Transformation zu etablieren, bedeutet, innovative Wege in der Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik zu gehen, die regionale Vernetzung zu fördern und alle verfügbaren Ressourcen zu mobilisieren.
Für die Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist eine Politik erforderlich, die nicht nur auf finanzielle Unterstützung setzt, sondern auch Infrastrukturentwicklung und -modernisierung in den Fokus nimmt. Insbesondere die Verkehrsinfrastruktur ist eine Drehscheibe für wirtschaftliche Aktivität und gesellschaftliche Teilhabe. Sie zu verbessern, bedeutet, die Grundlage für gleichberechtigtes Wachstum zu stärken.
Der Fortschritt, den Ostdeutschland in den vergangenen drei Jahrzehnten gemacht hat, ist beachtlich, doch es liegt noch einiges an Arbeit vor uns. Die Aufrechterhaltung und der Ausbau dieser Errungenschaften erfordern visionäres Denken, entschiedenes Handeln und vor allem die Erkenntnis, dass soziale und gesellschaftliche Entwicklung eine gemeinschaftliche Aufgabe ist – eine, die nicht nur in der Politik, sondern in der ganzen Gesellschaft verankert sein muss.
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