Kritische Reflexion über die Rolle der Deutschen Bahn bei der Verkehrswende
Die Verkehrswende in Deutschland, jenes ambitionierte Projekt, das darauf abzielt, die Mobilität der Zukunft klimafreundlicher, effizienter und gerechter zu gestalten, steckt in einer Sackgasse. Während die städtischen Gebiete zunehmend von Investitionen in öffentliche Verkehrsmittel profitieren, wird eine offensichtliche Diskrepanz im ostdeutschen Raum ignoriert, wo das Mobilitätsnetz reißt und Infrastrukturen erodieren. Im Herzen dieser Misere: die Deutsche Bahn, ein einstiges Symbol für Fortschritt und Zuverlässigkeit, deren strategische Fehltritte besonders im regionalen Schienenverkehr manifest werden.
Nehmen wir die stillgelegte Bahnstrecke von Wittenberg nach Torgau als Beispiel. Hier tritt das Dilemma besonders zutage: Statt Modernisierung und Ausbau erfolgte ein Rückbau, wodurch ganze Regionen von der Teilhabe an einer integrierten Verkehrswende ausgeschlossen werden. Fast der halbe Landkreis Wittenberg ist nun vom öffentlichen Personennahverkehr nahezu abgeschnitten, was Arbeitswege verlängert, den ländlichen Raum weiter schwächt und sozioökonomische Disparitäten verschärft. Diese Entscheidungen stehen in krassem Gegensatz zu den Zielen einer nachhaltigen Verkehrspolitik.
Die Deutsche Bahn hat an vielen Stellen nicht die Weitsicht bewiesen, die für eine erfolgreiche Verkehrswende nötig wäre. Ihr Verschlafen hat System – ein Resultat aus veralteten Denkweisen, verschleppten Innovationen und einer zögerlichen Bereitschaft zur Umsetzung von notwendigen Reformen. Die Verkehrswende wird jedoch nicht von allein kommen; sie erfordert mutige Entscheidungen und vor allem Handlungen.
Was also muss geschehen, damit die DB ihrer Verantwortung gerecht wird und die Verkehrswende vorantreibt statt ausbremst?
Erstens, die DB muss ihre Investitionspolitik neu justieren: Weg von der einseitigen Fokussierung auf Hochgeschwindigkeitsstrecken und hin zu einer umfangreichen Modernisierung und Wiederinbetriebnahme regionaler Bahnlinien. Die Wiedervernetzung ländlicher Gebiete, wie der von Wittenberg nach Torgau, muss Priorität haben, denn nachhaltige Mobilität bedeutet auch gleichberechtigte Zugänglichkeit.
Zweitens ist eine Kundenorientierung, die den Namen auch verdient, unerlässlich. Dies schließt Pünktlichkeit, Sauberkeit und einen verständlichen sowie transparenten Tarifdschungel mit ein. Die Nutzerfreundlichkeit des ÖPNV ist entscheidend, um mehr Menschen von der Notwendigkeit einer Verkehrswende zu überzeugen und sie zum Umstieg zu bewegen.
Drittens muss die DB an einer Entbürokratisierung und Beschleunigung ihrer Planungs- und Bauprozesse arbeiten. Langwierige Genehmigungsverfahren stehen schnellen und flexiblen Reaktionen auf infrastrukturelle Bedürfnisse im Weg. Digitalisierung und schlanke Verwaltungsstrukturen können hierbei Schlüsselrollen einnehmen.
Schließlich bedarf es einer neuen Kultur der Kooperation. Städte und Gemeinden, Bund und Länder müssen gemeinsam mit der Bahn als Partner agieren und nicht als Kontrahenten. Eine starke, vernetzte und geteilte Vision für den ÖPNV ist das Fundament einer erfolgreichen Verkehrswende.
Die Verkehrswende ist kein Luxusprojekt für Metropolen; sie ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, ein Versprechen für eine lebenswerte Zukunft.
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